
– Worüber sprechen wir, wenn wir vom Alter reden? –
Der Anteil der Bevölkerung in Deutschland, die vom statisitischen Bundesamt als „alt“ definiert wird ist in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen: Mittlerweile sind Prozent 22 der Bevölkerung über 65 Jahre. [1]
Laut den Vereinten Nationen (UN) wird auch weltweit der Anteil der über 65. Jährigen in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich stark steigen. [2]
Medizinisch wird laut Bundesverband für Geriatrie von einem „geriatrischen Patienten“ ab einem Alter von 70 Jahren gesprochen. [3] Daneben werden fünf verschiedene Definitionen des Alters unter unterschiedlichen Bezugsgrößen diskutiert – das kalendarische, biologische, soziale, psychische und das funktionale Alter. Einen starken Einfluss auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alter hat laut verschiedener Studien die Bildung. [4]
Fest steht: Zu keinem Zeitpunkt erreichten so viele Menschen ein so hohes Alter. Insbesondere Frauen werden hier mit einer um gut fünf Jahre längeren Lebenserwartung als Männer – durchschnittlich immer älter. Durch den demografischen Wandel, also dem Wachstum an der Gesamtbevölkerung haben ältere Menschen selbst einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung und die Altersbilder. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend spricht in ihrem aktuellen Altenbericht von einer „Neuen Kultur des Alters“. [5]
Die Altersbilder in den Medien
Obwohl die Altersgruppe der Älteren enorm zunimmt ist sie jedoch insgesamt in den Medien unterrepräsentiert. Insgesamt dominiert hier die als „werberelevant“ deklarierte Gruppe der 14. bis 49 Jährige. [6]
Altersbilder werden oft als Stereotype dargestellt, die ein Abbild der Wahrheit nicht beanspruchen können. Nach einer Allensbach-Umfrage (2008) befürwortet die befragten Mehrheit der Journalisten eine Änderung des in der Gesellschaft dominierten Altersbildes. [7]
Nach einer aktuellen Studien des Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): „Ein Heim, kein Zuhause?”, die Altersbilder und Berufsprestige Altenpflege in Nachrichtenmedien und Social Media im Jahr 2019 [8] stehen Probleme und Defizite im Vordergrund der Wahrnehmung:
Besonder im Fokus sind meist Vernachlässigung von Pflegebedürftigen, Fehler bei deren Behandlung und Gewalt gegen sie. In lokalen Medien hingegen dominieren oft die positiven Berichte, Artikel über Veranstaltungen in Pflegeheimen, Tanznachmittage, Vorträge, Sportgruppen oder Gesangsabende.
Das Image von stationärer Pflege und Heimpersonal wird geprägt durch die häufige Erwähnung von Missständen und pflegerischem Versagen. Im Vordergrund der Berichte und Postings stehen die Arbeitsbedingungen, die schlechte Bezahlung, die Personalknappheit und das niedrige Berufsprestige.
Insgesamt wird laut der Studie „Ein Heim, kein Zuhause?” in den Medien seit 2018 intensiver über die Pflege, hauptsächlich die Krankenpflege berichtet.
Was folgt daraus für die Pflege?
Ein Forscherteam um den Sozialwissenschaftler Franz Kolland stellt eine „Neue Kultur des Alterns“ (2015) fest:
„Je älter wir werden, desto verschiedener sind wir voneinander. Viele ältere Menschen gestalten ihr Leben nach der Pensionierung aktiv und selbstbestimmt.“
S.14 „Die kulturelle Wende in der Alternsforschung“ in „Neue Kultur des Alterns Forschungsergebnisse, Konzepte und kritischer Ausblick“ Wien 2015
Wie weit die Wahrnehmung der Medien aber auch der Gesellschaft mit der Wirklichkeit auseinander fallen kann zeigt mein Kollegen Detlef Rüsing in einem „Kritischen Glossar“ zu dem Thema „Häuslichkeit“. [10]
Nicht nur durch die aktuelle Corona-Krise, auch durch den demografischen Wandel ist die Pflege für die Gesellschaft systemrelevant. [11]
Literatur / Weblinks
[1] https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/_inhalt.html#sprg371138
[2] https://www.un.org/development/desa/pd/content/world-population-ageing-2019
[4] https://econtent.hogrefe.com/doi/full/10.1026/1612-5010/a000086
[10] https://www.dzla.de/zu-hause-ist-nicht-gleich-zu-hause/
[11] https://dg-pflegewissenschaft.de/aktuelles/pflege-ist-systemrelevant-nicht-nur-in-corona-zeiten/
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Nils Hensel
Dialogzentrum Leben im Alter (DZLA)