
– Post aus dem DNQP –
Für die Implementierung von Expertenstandards steht ein Phasenmodell zur Verfügung. Es umfasst die Phasen Vorbereitung, Fortbildung, Konkretisierung von Standardinhalten, Einführung des Standards sowie das Audit. Das Phasenmodell wurde bereits erfolgreich in allen bisherigen DNQP-Implementierungsprojekten angewendet und ist im „Methodenpapier“ des DNQP enthalten. Dementsprechend lohnt sich ein differenzierter Blick darauf, welche Inhalte und Schritte des Phasenmodells auch für einrichtungsinterne Qualitätsentwicklungs- und Einführungsprojekte sowie die weitere Arbeit mit Expertenstandards außerhalb von DNQP-Implementierungsprojekten hilfreich sind und was möglicherweise weniger nutzbringend sein kann.
Über das Audit, das im Rahmen einer Expertenstandardeinführung oder bei einem einrichtungsinternen Update auf einen aktualisierten Expertenstandard eine Art Klammer zwischen Beginn und Ende eines internen Einführungs- oder Aktualisierungsprojekts bilden kann, haben wir bereits eingehend berichtet. Ebenso über das Weiterbildungsprogramm des DNQP, das vornehmlich den Umgang mit dem Audit, aber auch das qualitätsmethodische Vorgehen bei der Einführung von Expertenstandards thematisiert und einzelne Personen dazu befähigt, in ihren Einrichtungen entsprechende Projekte zu begleiten, Arbeitsgruppen zu betreuen und den Pflegenden bei Arbeit mit den Expertenstandards beratend zur Seite zu stehen.
Von entscheidender Bedeutung sind ebenso Fortbildungen der Pflegenden, die vorangegangene Konkretisierungen von Standardinhalten aufgreifen.
Die Konkretisierung von Expertenstandardinhalten ist das Ergebnis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Kriterienebenen des Standards und den Kommentierungen in den beteiligten Einrichtungen. Ziel ist, allgemeingültig formulierte Standardkriterien so zu spezifizieren, dass sie in der Einrichtung umsetzbar werden. Damit wird der Grundstein dafür gelegt, dass sich das pflegerische Handeln und die dafür notwendigen strukturellen Bedingungen in der Einrichtung auf dem gewünschten Qualitätsniveau des Expertenstandards bewegen können. Die Konkretisierung von Standardkriterien wird immer dann empfohlen, wenn besondere Bedingungen der Zielgruppe (z. B. die Benennung geeigneter Verfahren und Zeitpunkte für die Einschätzung und Evaluation) oder der Einrichtung (z. B. räumliche oder organisatorische Voraussetzungen) zu berücksichtigen sind. Eine Konkretisierung kann beispielsweise darin bestehen, zu verwendende Dokumente, bestimmte pflegerische Maßnahmen oder pflegerische Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu benennen oder durch sprachliche Anpassung zu spezifizieren. Wichtig ist, dass dabei die Kernaussagen der einzelnen Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien des Standards unverändert bleiben und mit der Konkretisierung das angestrebte Qualitätsniveau des Standards nicht unterschritten wird.
Einzelne Aspekte eines jeden Expertenstandards haben einen innovativen Charakter und sind zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung der Pflegepraxis möglicherweise noch gänzlich oder größtenteils unbekannt. Beispiele hierfür wären die Kontinenzprofile, die erstmalig mit der Implementierung des Expertenstandards Förderung der Harnkontinenz in der Pflege (2007) in die Praxis gelangten, das Konzept der stabilen und instabilen Schmerzsituation (Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege bei chronischen Schmerzen, 2015) oder aktuell die Verstehenshypothese (Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz, 2018). Gerade diese Aspekte müssen sowohl bei der Konkretisierung von Inhalten als auch bei Fortbildungen für Pflegende besonders beachtet werden. Zudem weisen Auditergebnisse auf Konkretisierungs- und vor allem auf Fortbildungsbedarfe hin. Je genauer und je individueller die Inhalte eines Expertenstandards auf die eigene Einrichtung hin betrachtet werden und je spezifischer die Bedarfe der Zielgruppen, also der Patient*innen oder der Bewohner*innen einer Einrichtung oder sogar einer einzelnen Abteilung oder eines Wohnbereichs, innerhalb dieser Einrichtung berücksichtigt werden, desto individueller und spezifischer sollten auch Fortbildungen gestaltet werden. Natürlich können dabei externe Angebote hilfreich sein, vor allem wenn eine Einrichtung beispielsweise nicht über ein eigenes Fortbildungsangebot verfügt. Allerdings verrät bereits eine kurze Suche nach Angeboten, z. B. im Internet, dass der Markt für entsprechende Fortbildungen vielfältig und beinahe unüberschaubar ist und Fortbildungsinhalte von unterschiedlicher Qualität sind.
Nutzbringend können solche Angebote sein, wenn sie Pflegenden einen Expertenstandard selbst in geeigneter Form nahebringen, seine Inhalte überblicksartig erläutern und damit das grundlegende fachliche Wissen der Pflegenden erhöhen. Allerdings gibt es, wenn es um eine nachhaltige und dem angestrebten Qualitätsniveau entsprechende Einführung eines Expertenstandards geht, einen darüber hinaus gehenden Bedarf an Fortbildungen. Dieser Bedarf kann nur durch eine Verzahnung mit den einrichtungsinternen Konkretisierungen der Expertenstandardinhalte, mit den individuellen Bedingungen der jeweiligen Einrichtung und mit den spezifischen Bedarfen der Patient*innen und Bewohner*innen gedeckt werden. Dabei sollten die Fortbildungen selbstverständlich auch einem zuvor ermittelten Wissensbedarf der Pflegenden entsprechen. Um auf eines der innovativen Themen zurückzukommen: es reicht also eigentlich nicht aus, wenn alle Pflegenden nur wissen, was Kontinenzprofile sind. Sie sollten vor allem wissen, wie sie in der eigenen Einrichtung erhoben und dokumentiert werden, welche Bedeutung ein Kontinenzprofil für die Planung und Durchführung individueller pflegerischer Maßnahmen haben kann und sie sollten in die Lage versetzt werden, dieses Wissen anzuwenden. Das bedeutet, dass einrichtungsinterne Wissensvermittlung über die Anwendung von Expertenstandardinhalten dauerhaft geschehen kann. Fortbildungen im Rahmen von Expertenstandardeinführungen oder als Updates für die Arbeit mit Expertenstandards können also den Expertenstandard insgesamt thematisieren, sie sollten aber vor allem inhaltlich spezifiziert werden. Es hat sich bewährt, unter Fortbildungen auch Informationsweitergaben im Rahmen von Teamsitzungen, Face-to-Face-Schulungen, ein voneinander Lernen oder das Selbststudium von Teammitgliedern zu verstehen.
Dazu gehört allerdings auch, dass das Wissen und die Kompetenzen der Pflegefachkräfte, die in den Strukturkriterien der Expertenstandards genannt sind, als Voraussetzungen für eine erfolgreiche pflegerische Arbeit verstanden werden und der Wissens- und Kompetenzerwerb der Pflegenden in diesem Sinne einrichtungsseitig unterstützt wird. Deutlich wird, dass Fortbildungen einen entscheidenden Anteil an einer erfolgreichen Arbeit mit Expertenstandards haben, aber keineswegs ausschließlich für ihre Umsetzung ausreichen.
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Kontakt:
Heiko Stehling, MScN