
– Wie können Wissenschaft und Gesellschaft von mehr Transparenz profitieren? –
Wissenschaft, für alle frei zugänglich: Das ist die Vision hinter „Open Science“ und „Open Data“.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD drängt angesichts der Corona-Krise weltweit das Thema Open Science (mehr) zu beachten[1].
Schon seit einiger Zeit fordert eine Bewegung zu einer „Offenen Wissenschaft“[2] eine Offenlegung aller Informationen, die im wissenschaftlichen Arbeitsprozess anfallen.
Hierzu gehört eine öffentliche Verfügbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Forschungsdaten und eine Transparenz von wissenschaftlicher Kommunikation.
Der globale digitale Datenaustausch bietet die Möglichkeit alle wissenschaftlichen Prozesse offen zugänglich, nachvollziehbar und nutzbar zu machen. Damit sollen Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft neue Möglichkeiten im Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen eröffnet werden.
Bausteine der Offenen Wissenschaft
Doch wie und durch welche Prozesse kann ein offener Austausch für alle gewährleistet werden?
Hierzu einige wichtige Stichwörter:
Open Access
Die kostenlose Verfügbarmachung der formell publizierten wissenschaftlichen Literatur. Davon abzugrenzen sind Daten die durch sogenannte Schattenbibliotheken ohne Genehmigung der Autoren, Hochschulen oder Verlagen zur Verfügung gestellt werden[3].
Open Educational Resources
Diese Begriff umfasst freie Lern- und Lehrmaterialien mit einer offenen Lizenz wie etwa Creative Commons (CC)[4]. Seit 2001 veröffentlicht die gleichnamige amerikanische Gesellschaft verschiedene Standard-Lizenzverträge. Mit diesen kann ein Autor der Öffentlichkeit auf einfache Weise Nutzungsrechte an seinen Werken einräumen.
Die Lizenzen sind für unterschiedliche Werke anwendbar, die unter das Urheberrecht fallen, zum Beispiel Texte, Bilder, Musikstücke, Videoclips und andere.
Nutzer sind z.B. die Online-Enzyklopädie Wikipedia[5] aber auch bestimmte Inhalte auf Social-Media-Plattformen, wie YouTube[6].
Genutzt werden hierzu auch General Public License (GNU)-Lizenzen[7].
Offenes Peer-Review
Bei einem Peer-Review werden wissenschaftliche Artikel und Arbeiten, wie auch Anträge zur Förderung von Forschungsprojekten von unabhängigen Begutachtenden aus demselben Fachgebiet, also von „Peers“, bewertet. Die Autoren sollen dabei auf Kritik eingehen, entdeckte Fehler korrigieren oder darlegen, weshalb die Kommentare der Gutachter unzutreffend sind, bevor ein Artikel oder eine Studie publiziert werden kann oder ein Förderungsantrag genehmigt wird.
Im Gegensatz zu diesen nicht-öffentlichen Verfahren gibt ein „Offenes Peer-Review“[8] Einblicke in den Bewertungsprozess oder bietet zusätzlich die Möglichkeit zur Beteiligung. Für (offene) Peer-Reviews gibt es keine allgemein festgelegten Verfahren. Verlage, Stiftungen und Hochschule legen hierzu selbst Standards fest.
Crowdsourcing / Crowdworking
Aufgaben und Arbeitsprozesse werden an eine Masse von Mitarbeitern, die „Crowd“, ausgelagert. Dieses Prinzip kann in unterschiedlichen Bereichen, etwa von Unternehmen aber auch in der Wissenschaft genutzt werden. Häufig sind die Nutzer beim Crowdsourcing ohne Gegenleistung zur Mitarbeit bereit.
Eng verbunden sind hiermit die Begriffe Microjob und Microtasks. Sie umfassen das Sammeln von Daten, Suchanfragen oder die Teilnahme an Umfragen. Im Austausch wird oft eine geringe Bezahlung angeboten. Einige Gewerkschaften kritisieren mögliche Ausbeutung und fordern klare Regeln [9]
Citizen Science
Die Einbeziehung von Menschen ohne wissenschaftliche Berufstätigkeit in die Durchführung von Forschungsprojekten, auch „Bürgerwissenschaft“ (Citizen Science) genannt.
Hierzu gehört:
Transparenz in experimenteller Methodik und wissenschaftlicher Kommunikation, Offene Sammlung von Daten (Open Data) oder freien Bildungsmaterialien (Open Educational Resources), Nutzung von Open-Source-Software, sowie offene Peer-Review-Verfahren[10].
Welche Rolle spielt „open science“ am Dialogzentrum?
So umfangreich wie möglich nutzen wir im Dialogzentrum Leben im Alter (DZLA) kostenlose publizierten wissenschaftlichen und über Open Access verfügbare Literatur. Auch im Bereich der Pflege Gerontopsychiatrie wird leider ein Großteil der Literatur nur in kostenpflichtigen Fachzeitschriften veröffentlicht. Insbesondere internationale Fachzeitschriften sind sehr kostenintensiv, sodass sie meist nur von Hochschulen, Stiftungen und Forschungsgesellschaften bezogen werden können.
Im Zentrum der Arbeit des DZLA steht ein Dialog auf Augenhöhe zwischen Pflegeforschung und Pflegenden in der Gerontopsychiatrie. Alles hierzu finden sie im Konzept des DZLA[11].
Mein Kollege Detlef Rüsing erläutert den fehlenden offenen Zugang zu Forschungsergebnissen in der Rubrik „Nur ein kurzer Gedanke“ in der Folge:
004. Doppel bezahlt – nix bekommen: Wem gehören die Forschungsergebnisse? (03.04.2020): https://www.dzla.de/nur-ein-kurzer-gedanke-2/
Die gesamt Folge 004 des DZLA Podcast „Wissenstransfair“ finden Sie hier: https://www.dzla.de/wissenstransfair-eps-004/
Der Wissenstransfer auf diesem Blog ist grundsätzlich kostenfrei, ausgenommen hiervon sind Seminare und Tagungen.
Wenn sie eine Frage an uns haben: Dann nutzen Sie die Kommentarfunktionen unter den einzelnen Posts oder schreiben uns direkt!
Nils Hensel
Dialogzentrum Leben im Alter (DZLA)
Literatur / Weblinks
[1] http://www.oecd.org/coronavirus/policy-responses/why-open-science-is-critical-to-combatting-covid-19-cd6ab2f9/ (abgerufen am 30.08.2020)
[2] https://www.helmholtz.de/fileadmin/user_upload/01_forschung/Open_Access/Berlin_Declaration_DE.pdf (abgerufen am 30.08.2020)
[3] https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/schattenbibliotheken-ein-krisensymptom-der-wissenschaft (abgerufen am 30.08.2020)
[4] https://creativecommons.org/about/cclicenses/ (abgerufen am 30.08.2020)
[5] https://meta.wikimedia.org/wiki/Terms_of_use/de (abgerufen am 30.08.2020)
[6] https://creativecommons.org/tag/youtube/ (abgerufen am 30.08.2020)
[7] https://www.gnu.org/licenses/licenses.html (abgerufen am 30.08.2020)
[8] https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/bitstream/20.500.11880/25692/1/Herb_mit_Deckblatt.pdf (abgerufen am 30.08.2020)
[9] http://faircrowd.work/de.html (abgerufen am 30.08.2020)
[10] https://citizenscience.org/about/ (abgerufen am 30.08.2020)
[11] https://www.dzla.de/dialogzentrum-wissenszirkulation/ (abgerufen am 30.08.2020)
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu „Urheberrecht in der Wissenschaft. Ein Überblick für Forschung, Lehre und Bibliotheken“: https://www.bmbf.de/upload_filestore/pub/Handreichung_UrhWissG.pdf (abgerufen am 30.08.2020)
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. zu Open Science: https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/dossiers/open-science (abgerufen am 30.08.2020)
Deutsche Gesellschaft für Citizen Science: http://www.citizen-science-germany.de/ (abgerufen am 30.08.2020)
Hacker, H. Citizen Science: Innovation in Open Science, Society and Policy UCL Press 2018 (https://www.jstor.org/stable/j.ctv550cf2) (abgerufen am 30.08.2020)
Burgos D. Radical Solutions and Open Science. An Open Approach to Boost Higher Education. Springer 2020 (https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-981-15-4276-3) (abgerufen am 30.08.2020)
Ross-Hellauer T. What is open peer review? A systematic review [version 2; peer review: 4 approved]. F1000Research 2017, 6:588 (https://doi.org/10.12688/f1000research.11369.2) (abgerufen am 30.08.2020)
Crowdsourcing-Projekt zur Offenlegung von Plagiaten in wissenschaftlichen Arbeiten: https://vroniplag.wikia.org/de/wiki/Home (abgerufen am 30.08.2020)